Um Ihre Registrierung abzuschließen, gehen Sie in Ihr E-Mail-Postfach und folgen dem Link in der Bestätigungsmail. Danach können Sie den Artikel frei lesen. E-Mail erneut senden

Boren: Arbeiten auf dem Land

"Coworking ist die Kita für Erwachsene" und so funktioniert`s.

Ralf Wiechers betreibt den Co-Working-Space in Boren. FOTO: ANNIKA KÜHL

Im südlichen Angeln hat sich über die Jahre eine Adresse für Selbstständige und Arbeitnehmer entwickelt: der Coworking-Space in Boren. Ein Vor-Ort-Besuch.

Es ist kalt und es nieselt. Ralf Wiechers ist trotzdem draußen zu Gange: Schließlich soll der große neue Meetingraum in Gestalt eines Gartenhauses schon in wenigen Tagen fertig werden. Es ist ein weiteres Projekt, mit dem der Geschäftsführer seinen Coworking-Space in Kiesby weiter ausweitet. 

WOHNEN UND ARBEITEN AUF DEM LAND

Coworking in Kiesby? Ja, das gibt‘s. Und zwar schon seit gut drei Jahren. Mitten im Nirgendwo haben Ralf Wiechers und Gabriele Franke Büroräume geschaffen, die Selbstständige oder Angestellte weiter entfernter Unternehmen tageweise oder dauerhaft mieten können. Der Vorteil: Die Menschen können das Leben auf dem Lande leichter mit ihrer Arbeit kombinieren. Anders als beim Home-Office müssen sie sich dafür nicht die Arbeit in die eigenen vier Wände holen. „Coworking ist die Kita für Erwachsene“, meint Wiechers. Mittlerweile sind vier Schreibtische fest vermietet, damit sind zwei Drittel der Büro-Kapazitäten belegt. Ralf Wiechers ist zufrieden: „Es ist schön, dass nun auch im Winter etwas los ist und das nicht nur ein Thema für die Hauptsaison ist“, so der Geschäftsführer. Ein Tagesticket kostet 20 Euro Brutto, das Monats-Abo 199 Euro. 

MENSCHEN AUS DER REGION MIETEN IHREN PLATZ DAUERHAFT

Im Sommer nutzen auch Touristen das Angebot und mieten sich meist spontan für eine Woche ein. Aber: „Die Leute aus der Region tendieren zu einem festen Schreibtisch“, sagt Wiechers. Seit Corona sei die Nutzung deutlich beständiger geworden. Wer zu den festen Mietern gehört, verfügt auch über einen Schlüssel und hat somit theoretisch rund um die Uhr Zugang zu seinem Büro. Ursprünglich gab es auch mehrere Appartements für Workation-Nutzer, also Menschen, die Urlaub mit der Arbeit verbinden möchten. Dieses Angebot haben die beiden Betreiber jedoch auf eine Wohnung reduziert: „Dafür ist die Nachfrage nicht da“, sagt der Geschäftsführer und verweist auf die meist ältere Zielgruppe oder die Familien, die in der Region Urlaub machen. Doch weil die Nachfrage nach Arbeitsplätzen ungebrochen hoch ist, herrscht nicht nur draußen im Garten Baustelle. Auch in einem der Räume im Inneren des großen Hauses in der Bäckerstraat entstehen mit zwei Telefonräumen in naher Zukunft weitere Arbeitsplätze. Aus dem Dorf gibt es ebenfalls viel Unterstützung für das Projekt – jedoch meist ideeller Art. „Zum Wahlkampf sind wir ein gern gesehenes Fotomotiv“, umschreibt es der Geschäftsführer. Gabriele Franke unterstreicht auch mit Blick auf die Landesebene: „Die Politik könnte uns schon mehr unterstützen.“ Fördergelder erhält der Coworking-Space derzeit keine – viele Förderprogramme würden auch nicht zu den Bedürfnissen passen, sagt Wiechers. Lediglich der neue Meetingraum im Garten wurde finanziell unterstützt – allerdings mit EU-Mitteln. 

NEUES ANGEBOT FÜR DIE DORFBEWOHNER

Der neue Raum soll auch den Dorfbewohnern zur Verfügung stehen. Und damit zeigt sich auch, dass der Coworking-Space eigentlich ein bisschen mehr ist, als „nur“ ein Arbeitsplatz. Wiechers und Franke stellen sich vor, dass hier neben Meetings auch Stammtische zusammen kommen können oder Menschen das Raumangebot für andere Anwendungen nutzen, beispielsweise für Yoga, Massagen oder Therapieangebote. Offen zu sein für die Menschen aus dem Dorf und der Region ist das Ziel des Coworking-Spaces. „Ich hoffe, dass wir ein Ort sind, an dem sich Leute treffen“, sagt der Geschäftsführer. Er betont gleichzeitig, dass er sich nicht anmaßen wolle, einen Dorfmittelpunkt zu entwickeln. 

Aber man wolle eine Anlaufstelle sein und auf die Wünsche der Bewohner eingehen. „Ich finde es schön, wenn wir Teil der Dorfgemeinschaft sind“, sagt Wiechers. Annika Kühl