Sportverein MTSV Hohenwestedt: Ein gewaltfreier Kampfsport

Kämpfen wie die Samurai: Die Aikido-Sparte boomt - gerade Kinder und Jugendliche können hier Selbstvertrauen schöpfen

Jessica Neuschl und Detlef Kirchhof leiten das Kinderund Jugendtraining beim MTSV Hohenwestedt. Fotos: Hans-Jürgen Kühl

Kämpfen wie die Samurai - das kann man beim MTSV Hohenwestedt seit über 20 Jahren. Die Aikido-Sparte des MTSV gehört im Jugendbereich zu den Top-Adressen in Schleswig-Holstein.

Still wird es, wenn in der Parkstraße Sporthalle in der eine Aikibeginnt. in Hohenwestedt do-Trainingseinheit Die Teilnehmer stehen in einer Reihe am Mattenrand und ihnen gegenüber Aikido-Meister Detlef Kirchhof und dessen Assistentin Jessica Neuschl. Kurz wird hingekniet, und anschließend begrüßt man sich mit einer Verneigung. Dann beginnt die Unterrichtseinheit.

„Sehr viel später kommen noch Übungen und Techniken mit und gegen Stab, Messer und Holzschwert dazu.”
Detlef Kirchhof ,Aikido-Meister

Kirchhof und Neuschl tragen einen schwarzen Hosenrock namens ,,Hakama", der zeigt, dass sie einen Meistergrad („Dan“) besitzen. Der Hakama hat vorn fünf Falten und hinten zwei. „Diese sieben Falten symbolisieren die sieben Tugenden der Samurai", erklärt Kirchhof. Für den Hohenwestedter ist Aikido ,,die etwas andere Sportart".

Überraschend ist zunächst einmal, dass ein Kampfsport Gewaltfreiheit Aikido-Begründer propagiert. Morihei Ueshiba (1883 bis 1969) hatte im russisch-japanischen Krieg Gräuel, Tod und Vernichtung erlebt. Der Japaner erkannte die Sinnlosigkeit kriegerischer Aggression und legte fest, dass die Kampfstrategie eines Aikidoka immer und unter allen Umständen der Gewaltfreiheit untergeordnet sein solle. Die drei Silben von Ueshibas Wortschöpfung „Aikido" stehen für „Harmonie“ („Ai“), „Lebensenergie" („Ki“) und „Weg“ („Do").

Jugendliche MTSV-Aikidoka mit einem Foto des Aikido-Begründers Morihei Ueshiba.
Jugendliche MTSV-Aikidoka mit einem Foto des Aikido-Begründers Morihei Ueshiba.

Aikido dient nur der Selbstverteidigung

,,Aikido ist ein reiner Selbstverteidigungs-Kampfsport", betont Kirchhof: ,,Wesentliche Elemente sind das Aufnehmen, Umlenken und wieder auf den vermeintlichen Angreifer Zurückbringen der Energie." Neben Würfen und Bodenfesthaltehebeln gehören deshalb auch ,,viele Ausweich- und Schrittfolgen zum Training“, führt Kirchhof aus: ,,Auch das richtige Abrollen vorwärts und rückwärts wird ausgiebig geübt. Sehr viel später kommen noch Übungen und Techniken mit und gegen Stab, Messer und Holzschwert dazu."

Das individuelle Können zeigt sich an den Gürtelfarben. Die Schülergrade beginnen mit Weiß über Orange, Grün, Blau bis zum Braungurt. Die Dan-Meistergrade dürfen den schwarzen Gürtel tragen. Bis zum 5. Dan werden Prüfungen abgehalten. Eine Besonderheit des Aikido, die auch zur grundsätzlichen Konfliktvermeidungsstrategie passt, besteht darin, dass keine Wettbewerbe und Titelkämpfe ausgetragen werden. Weshalb Aikido im Gegensatz zu anderen gern auch Kampfsportarten als ,,Kampfkunst" bezeichnet wird.

,,Der MTSV zählt mit seinen Jugendgruppen seit Jahren zu den größten in Schleswig-Holstein", stellt Kirchhof fest. Zurzeit sind über 20 junge Aikidoka im Bestand. Das Training für Kinder und Jugendliche ab acht Jahren findet dienstags von 16.30 bis 18 Uhr und freitags von 15 bis 16.30 Aikido in der Sporthalle in der Parkstraße statt. ,,Als Erstausrüstung genügt ein T-Shirt und eine lange Trainingshose, Badelatschen wären toll", sagt Kirchhof. Trainiert wird barfuß auf Aikido-Matten und paarweise im Rollenwechsel. Ein Aikidoka übernimmt die Rolle des Angreifers („Uke“), der andere die des Technikübenden („Nage"). Eine Vielzahl von Techniken wird immer wieder trainiert, um sie zu verinnerlichen. ,,Der äußere Eindruck, dass Aikido aufgrund Ausweichbewegungen der mehr eine Art Tanz sei, täuscht", bemerkt Kirchhof: „Wer mal geworfen oder am Boden fixiert wird, erkennt schnell die Wirksamkeit der Techniken."

,,Das Schöne am Aikido ist neben dem ganzheitlichen Training auch die Wettkampfreiheit. Alles kann, nichts muss. Dieser Gedanke ist auch für viele Kinder und Jugendliche interessant", meint Kirchhof. Nebeneffekte des regelmäßigen Trainings seien „ein gesteigertes Selbstvertrauen" und „ein gutes Körpergefühl“. „Wie in anderen Bereichen wird es auch für uns schwieriger, Kinder und Jugendliche für den Vereinssport zu begeistern", bedauert Kirchhof, „das liegt sicherlich an der Schule und deren Zeiten, der Fitnesscenter-Konkurrenz und dem geänderten Freizeitverhalten der Kinder." Hans-Jürgen Kühl