Seit 152 Jahren gibt es in Lütjenwestedt einen Männerchor, doch nun droht dieser kulturellen Institution das Aus. Schon seit anderthalb Jahren können die elf verbliebenen Mannen des Shantychors Lütjenwestedt nur noch sporadisch proben und auftreten, weil es an der nötigen Akkordeonbegleitung fehlt.
„Der Shantychor Lütjenwestedt 1871 hat eine lange erfolgreiche Geschichte hinter sich: Als Liedertafel war er einst eine Institution in Kreis und Land, und auch sein Nachfolger hat als Shantychor einen sehr guten Ruf“, sagt Chorchef Dietrich Schmidt. Als 1871 das Deutsche Kaiserreich gegründet wurde, schlossen sich in Lütjenwestedt sangesfreudige Männer zur „Liedertafel Lütjenwistedt“ (damals wurde der Ortsname mit „i“ geschrieben) zusammen. 1996 feierte der Männerchor mit großem Aufwand seine 125-Jahr-Feier, aber 2002 stand der Chor dann kurz vor der Auflösung. Die Zahl der aktiven Sänger sank bis auf neun.
Der damalige Vorsitzende Hartwig Saul und sein Vorstand beschlossen eine Neuausrichtung der Liedertafel hin zu einem Shantychor. 2008 folgte die offizielle Umbenennung des Vereins. Aus der Liedertafel Lütjenwestedt von 1871“ wurde der „Shantychor Lütjenwestedt 1871“. Ab 2013 veranstaltete der Chor Benefizkonzerte, bei denen insgesamt rund 10000 Euro für die „Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ und für die Rendsburger Luftretter zusammenkamen sind.
Am 10. Dezember 2015 standen die Lütjenwestedter Shantysänger zusammen mit Kathy Kelly auf der Bühne: bei einem umjubelten Weihnachtskonzert in der Todenbütteler Dreieinigkeitskirche. 2020 wollte der Shantychor Lütjenwestedt die Künstlerin erneut als Stargast verpflichten. Der ursprünglich für Mai 2020 geplante Konzerttermin musste wegen der Corona-Pandemie jedoch abgesagt werden - genauso wie drei Nachholtermine im November 2020, August 2021 und November 2021. Als es am 28. August 2022 endlich soweit war und Kathy Kelly in der Peter-Pauls-Kirche in Hohenwestedt auftrat, musste der Shantychor Lütjenwestedt sein Mitwirken schweren Herzens absagen, weil er nicht auftrittsfähig war.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Was fehlt, ist eine Akkordeonbegleitung - und darum startet der 1. Vorsitzende Dietrich Schmidt jetzt einen finalen Hilferuf, um seinen Shantychor doch noch wieder auf Kurs zu bringen: „So einen Hilferuf benötigt jemand, der in einer Situation steckt, die er selbst allein nicht bewältigen kann. So ergeht es mir, der den Vorsitz eines Shantychors innehat. Seit circa anderthalb Jahren kann der Chor seine Auftritte nur behelfsmäßig absolvieren. Die regelmäßigen wöchentlichen Übungsabende fallen fast komplett aus. Es ist sehr schwer, den restlichen Chor von elf Aktiven zusammen zu halten. Daher bitte ich jede und jeden, der ein Akkordeon spielt, sich bei mir zwecks Klärung der Modalitäten unter Telefon 04874/ 903173 zu melden.“
Wohl die letzte Chance
Dieser Hilferuf ist aus Sicht von Schmidt „wohl unsere letzte Möglichkeit, unseren Chor in der jetzigen Form weiterzuführen. Alle Versuche, eine Instrumentalgleitung zu finden, waren vergebens. Darum nun der Versuch über diesen Aufruf, ob sich doch noch ein Akkordeonspieler findet, der Lust auf Shantys und Seemannslieder hat. Ich möchte ungern der Totengräber eines Chors mit 152-jähriger Geschichte sein.“ Hans-Jürgen Kühl
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