Windpark in Schülp: Wie Bürger zu Windmüllern wurden

Schülp setzt seit Jahren auf regenerative Energien - und liefert mehr Strom als alle anderen Gemeinden im Amt.

Volker Ratjen war Bürgermeister in Schülp bei Nortorf, als der Bürgerwindpark in der Gemeinde entstanden ist. Foto: Michelle Ritterbusch

Mehr als Windparks gibt es im Raum Rendsburg einer Abfrage von unserer Zeitung zufolge. Ein besonderer Windpark steht in Schülp bei Nortorf: ein Bürgerwindpark. Das heißt: Jede Stunde, der sich Rotorblätter der vier Windkraftanlagen drehen, verdienen die Bürger Geld. 64 Menschen aus Schülp bei Nortorf und umliegenden Gemeinden sind Mitglieder der Gesellschaft Windpark Schülp bei Nortorf GmbH und Co KG.
Einer von ihnen ist Volker Ratjen. Von 2005 bis 2023 war er Bürgermeister der Gemeinde und bezeichnet die Entstehung des Windparks im Bereich Großenheide als einen wesentlichen Teil seiner Amtszeit. Als Privatperson ist er Mitglied der Gesellschaft. Mit mindestens 1000 Euro und höchsten 160000 Euro konnten sich Interessierte an dem Projekt beteiligen.

Bürger sollen von Windpark profitieren

Es dauerte insgesamt fünf Jahre von der Idee bis hin zum ersten Strom, der ins Netz eingespeist wurde. Dass die Windräder dann von Bürgern der Gemeinde betrieben werden würden, war zum Start der Überlegungen im Jahr 2010 noch nicht klar, erinnert sich der Altbürgermeister. Denn anfangs wollten Großinvestoren in dem Gebiet vier bis sechs Windkraftanlagen bauen. Ratjen brachte die Idee eines Bürgerwindparks ins Gespräch. Denn „wenn wir so etwas vor der Tür haben, sollten wir auch mit daran verdienen“. Das gelte sowohl für die Bürger als auch für die Gemeinde. Zudem hatten die Betreiber der Bürgerwindparks in Schuby und Osterfeld bereits gute Erfahrungen mit dieser Art Windpark gemacht. Sie rieten den Schülper Bürgern auf einer Einwohnerversammlung dazu, diesen Schritt zu gehen.

Die Gemeinde erhoffte sich damit mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Marcus Hrach, Geschäftsführer Landesverband Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein, bestätigt das: „Wir hier in Schleswig-Holstein haben sehr gute und langjährige Erfahrungen mit der Bürgerwindenergie.“ Durch eine aktive Teilhabe seien die Bürger stark involviert. Sie hätten Mitsprachemöglichkeiten bei der Planung und Betriebsführung. „Das fördert die Unterstützung und Akzeptanz der Windparks“, sagt Hrach und fügt hinzu: „Bei Bürgerwindparks bleibt die Wertschöpfung in der Region und steigert die Wirtschaftskraft vor Ort. Steuern und Pachten fließen in die Gemeinden, die oft in die lokale Infrastruktur oder öffentliche Einrichtungen investiert werden.“
Im Juni 2012 war es in Schülp bei Nortorf schließlich so weit: Die Flächeneigentümer entschieden sich für den Windpark und gründeten die Gesellschaft mit zunächst fünf Mitgliedern. Dem damaligen Bürgermeister Volker Ratjen war es allerdings wichtig, allen Bürgern seiner Gemeinde die Möglichkeit zu geben, sich zu engagieren. Eine wirtschaftliche Prüfung kam ebenfalls zu dem Ergebnis: Der Bürgerwindpark in Schülp bei Nortorf kann rentabel sein. Ratjen sagt: „Das war keine Garantie, aber eine solide Vorhersage.“
Die Prognose führte dazu, dass 64 Kommandisten in die Gesellschaft eintraten. Ein weiterer Pluspunkt: Da es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) handle, würde jeder nur seinen Anteil verlieren und nicht mit dem Privatvermögen haften, wenn das Projekt scheitern würde, erklärt der Altbürgermeister.

Erwartungen wurden übertrofen

Heute weiß er: Die vier Windräder mit einer Gesamtleistung von 2,5 Megawatt haben die Erwartungen übertroffen. Die Gesellschafterversammlung beschließt in jedem Jahr je nach Wirtschaftslage eine Gewinnausschüttung an die Mitglieder. Zudem sei der Bürgerwindpark ein bedeutender Gewerbesteuerzahler im Ort. „Mit einer Produktion von etwa 31700 Megawattstunden in 2021 hat die Gemeinde Schülp bei Nortorf bei einem Eigenverbrauch von etwa 1800 Megawattstunden die größte Eigenerzeugung an Strom aus Biomasse, Solar- und Windenergie unter allen 16 Gemeinden im Amt Nortorfer Land erreicht. Etwa 70 Prozent dieser Strommenge stammt aus unserem Bürgerwindpark“, fasst Volker Ratjen zusammen. Er meint: „Die Gemeinde Schülp hat damit ihren Anteil an der Energiewende mehr als erfüllt.“
Michelle Ritterbusch


Regeln für Bürgerwindparks

Die Formen der Beteiligung bei Bürgerenergie sind vielfältig, sagt Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein. Die Möglichkeiten der aktiven finanziellen Bürgerbeteiligung gehen in zwei Richtungen: Auf der einen Seite ist eine direkte Beteiligung möglich, sodass Bürger zu Mitunternehmern werden. Andererseits gibt es indirekte Beteiligungen, bei denen die Bürger aktiv mitfinanzieren, die Entscheidungen im Projekt aber Projektträger treffen.