Das Gefühl von Weihnachten

Wenn die Krippe (fast) größer ist als der Tannenbaum

Weihnachten kann Grenzen überwinden: Ein Flensburger Tannenbaum und eine bayrische Krippe ergeben ein harmonisches Bild.

Shreib einmal auf, woran du dich erinnerst, wenn du an Weihnachten denkst. Für mich, die sich schon vor langer Zeit selbst zum Grinch ernannt hat, gar nicht so einfach. Gut, ich klau keine Geschenke und auch nicht den Gänsebraten vom Tisch weg. Doch ich gebe zu, ich habe ein ambivalentes Verhältnis zum Fest. 

Mit meinen selbstgebackenen Plätzchen lassen sich Schaufensterscheiben einschlagen und auch mit Lichterglanz-Tannengrün-Deko habe ich es nicht so. Alle Jahre wieder denke ich insgeheim, ob mein Ableger es wohl bemerken würde, wenn die Kugeln statt an der Nordmanntanne an unserer Aluleiter baumeln würden.

Wäre doch viel nachhaltiger. Aber eines braucht mein „grinchiges Herz“ dann doch und da lässt es auch nicht mit sich reden: unsere Weihnachtskrippe. Die habe ich aus meinem Heimatland Bayern importiert und ich würde behaupten, dass Maria, Josef und das Christkind im Futtertrog längst zur Familie gehören.

"Die Grundausstattung bestand damals aus den den Heiligen Drei Königen sowie Vater, Mutter, Kind, Schaf und Hirte."
Autorin Julia Voigt ist Redakteurin für Beilagen in der Wochenzeitungen- und Sonderthemenredaktion. FOTOS: JULIA VOIGT
Autorin Julia Voigt ist Redakteurin für Beilagen in der Wochenzeitungen- und Sonderthemenredaktion. FOTOS: JULIA VOIGT

Vor fast drei Jahrzehnten haben wir sie gekauft. Schon der Stall ist so riesig, dass er kaum in den Einkaufswagen des Baumarktes passte. Die Grundausstattung bestand damals aus den Heiligen Drei Königen sowie Vater, Mutter, Kind, Schaf und Hirte. Allein diese Anschaffung belastete empfindlich unsere Weihnachtskasse. So kam es, dass wir beschlossen aus Kosten- und mittlerweile Traditionsgründen alle Jahre wieder eine einzige Krippenfigur dazuzukaufen.

Um über den Sommer zu kommen, musste die Gesellschaft bereits zweimal in größere Kartons umziehen. Denn mittlerweile hat sich die Herde um ein Vielfaches vergrößert und gleicht dem Serengeti-Park. 

Auch so mancher ungeplanter Nachwuchs hat sich im Laufe der Zeit durch Kinderhände hineingeschlichen. Jetzt gesellen sich zu Kamel und Fuchs auch ein Elefant, eine Giraffe, ein Ü-Ei-Pinguin und zwei grüne Knallfrösche. Obwohl unsere Krippe so groß geworden ist, dass sie unseren Christbaum locker in den Schatten stellt, lieben wir sie. Wenn die kleinen roten Laternen unter dem Stalldach angehen, das Wasserrad sich zu drehen und der mit Pattex festgeklebte Stern von Bethlehem zu leuchten beginnt, dann kehrt selbst für mich das Gefühl von Weihnachten ein.