Der Tausendsassa kann auch Fliesen legen

Ingo Harder ist in der Stadt vor allem für sein weit verzweigtes Unterhaltungsprogramm bekannt

Grün ist die Hoffnung: Ingo Harder auf seiner Spielwiese, dem Capitolplatz. Foto: Joachim Pohl

Wenn in Schleswig das Wort Bunter Hund oder Tausendsassa auf irgendjemanden zutrifft, dann auf Ingo Harder. Wenn man mit ihm bei einem Kaffee in einem Straßencafé sitzt, vergeht keine Minute, in der er nicht irgendeinen Passanten grüßen müsste. Der Ratsherr und Kleinunternehmer ist in der Stadt vor allem für sein weit verzweigtes Unterhaltungsprogramm bekannt. Am meisten Menschen bespaßt er sommers mit dem großen musikalischen Stadtfest „Schleswig swingt“, bei dem Tausende die Innenstadt bevölkern.

Absagen durch die Pandemie

Doch vor allem der Spaß- und Unterhaltungsbereich in Ingo Harders Portfolio lag zwei Jahre fast komplett brach. Die Pandernie zwang ihn zur Absage fast aller Veranstaltungen. Das hat ihm fast das Genick gebrochen. „2020 stand ich kurz vor der Insolvenz", sagt er rückblickend. Die staatlichen Hilfen hielten ihn zwei Monate über Wasser, doch dann musste er eine Lebensversicherung auflösen, um finanziell zurecht zu kommen. „Die war eigentlich für meine Altersversorgung geplant." Doch ein Ingo Harder lässt sich so schnell nicht unterkriegen. Und er hat zum Glück mindestens zwei Standbeine. Und so hat er sich in den beiden Jahren der Pandemie auf seinen erlernten Beruf als Fliesenleger konzentriert. „Da gab es keine Einschränkungen, und ich hatte sehr gut zu tun." Das habe die Einnahmeverluste bei der Veranstaltungen zumindest ein Stückweit kompensiert.

Bei der Fliesenlegerei habe er dann die allgegenwärtige Materialknappheit zu spüren bekommen, wenn auch nur bei einem Nebenprodukt. „Silicon war knapp", sagt er. „Es gab nur vier Grundfarben.” Der Grund ist einigermaßen frappierend: „Silicon ist ein Abfallprodukt von Kerosin", erklärt der Handwerker Harder. „Und wenn die Flieger am Boden bleiben, wird kein Kerosin produziert. Und damit gab es auch kein Silicon und nur sehr wenig.” Auch PVC-Rohre seien aus dem gleichen Grund knapp gewesen. Das sei mittlerweile wieder anders.

Im Februar hat der 62-Jährige sich zu einer lange anstehenden Knie-Operation entschlossen. Seitdem lebt er mit einer Knie-Prothese und ist noch bis zum Sommer entsprechend körperlich eingeschränkt, so dass das Handwerk derzeit ruht. „Im August lege ich wieder los“, kündigt er jedoch an.

Viele Veranstaltungen sind geplant

Die Zeit bis dahin nutzt er für seine Veranstaltungen. „Ich bin in der frohen Hoffnung, dass in diesem Jahr alles klappt“, sagt der Mann mit der steilen Frisur. Über die Jahre hat er einen Reigen von an die jeweilige Jahreszeit angepassten Veranstaltungen etabliert. Auftakt war Mitte Mai mit dem Frühlingsfest auf dem Rathausmarkt. Es wurde nicht nur gegessen, getrunken und geschnackt, sondem auch reichlich Geld für die Ukraine-Hilfe gesammelt.

Harders Hauptveranstaltung ist das Stadtfest „Schleswig swingt“, das in diesem Jahr vom 21. bis 23. Juli zwischen Gallberg und Capitolplatz geplant ist. An drei Tagen gibt es auf drei Bühnen nahezu pausenlos Live-Musik unterschiedlicher Genres, von Pop und Rock bis Blues, Oldies und Folk - und das alles eintrittsfrei. 2019, im letzten Jahr vor der Pandemie, kamen rund 10.000 Besucher.

Schon Ende Juli (29.) geht es mit Harders „Sommernachtsflohmarkt” in der Ladenstraße weiter. Und am 5. August folgt das „Sommervergnügen“ auf dem ehemaligen Hertie-Gelände mit Musik von DJ und von einer Live-Band. Hier müssen Harder und seine Helfer vor allem auf den schwierigen Untergrund achten: Bevor sie eine Bühne aufbauen können, müssen sie Platten auf der Brachflächen auslegen, um das Gewicht zu verteilen. Wie immer stehen ein Schankwagen und ein Schwenkgrill für die kulinarische Grundversorgung der Besucher bereit.

Im Frühherbst folgen vom 14. bis 17. September die Kohltage auf dem Capitolplatz; da werden vor allem deftige Gerichte an hungrige Schleswiger und Besucher ausgegeben. Das Ingo-Harder-Veranstaltungsjahr geht Anfang November (4. und 5.) mit dem „Anpunschen" zu Ende. In diesem Jahr präsentiert der Tausendsassa am Freitagabend eine Feuershow mit einem professionellen Artisten.

Ingo Harder blickt voller Optimismus auf das Jahr sagt rückblickend, dass die Pandemie „mit einem blauen Auge" überstanden hat. Dank seines zweiten Standbeins konnte er die vielen Absagen finanziell einigermaßen kompensieren.

Zentrales Thema ist derzeit das Kulturhaus

Und dann ist da noch die Kommunalpolitik. Zentrales Thema ist derzeit das Kulturhaus auf der Freiheit. Harder gehört zu den Ratsmitgliedern, die dem Projekt skeptisch gegenüber stehen - vor allem aus finanziellen Gründen. „Die Kosten müssen geregelt sein", fordert er, „und da ist nichts geregelt." Er gehe davon aus, dass die veranschlagte Summe nicht reichen und man am Ende bei deutlich über 20 Millionen Euro landen werde. „So lange ich nicht weiß, wie viel die Stadt Schleswig zahlen muss, hebe ich nicht meinen Arm." Joachim Pohl