Erfolgreiche Partnerschaft

Woba Böklund: Wie zwei Bauunternehmer vom Land zu Wohnungsbau-Investoren wurden

Kai Boysen (I.) und Werner Eissing vor dem Bürogebäude ihrer Firmen in Böklund. Foto: Woba Böklund.

Als vor knapp zehn Jahren in Flensburg ein ambitioniertes Bauprojekt namens „Alte Gärtnerei" vorgestellt wurde, verbanden die meisten Interessierten die Gemeinde Böklund vor allem mit dem Thema Wurst. Dass es hier auch Investoren gab, die im großen Flensburg ein Vorhaben realisieren wollten, das es in dieser Form noch nicht gab, überraschte einige Flensburger. 2021 wurde es abgeschlossen, alle 200 Wohnungen waren schnell verkauft oder vermietet.

Geplant, entworfen und gebaut wurde es von dem Unternehmen Woba Böklund, das zu dem Zeitpunkt erst eine Seniorenwohnanlage in Gettorf und einen kleinen Komplex mit elf Wohnungen in Niebüll realisiert hatte. Doch hinter der Woba, die tatsächlich aus nur drei Mitarbeitern besteht, standen und stehen zwei Handwerksfirmen mit jeder Menge Tradition und Erfahrung. Gesellschafter und Eigentümer der Woba sind von Beginn an Werner Eissing und Kai Boysen. Ersterer ist Inhaber der Firma Eissing Dachtechnik, letzterem gehört das Bauunternehmen Boysen. Beide sind ebenso wie die Woba - an der Adresse Schleswiger Straße 25 in Böklund angesiedelt.

Denn beide Unternehmen gingen 1999 aus der früheren, alteingesessenen Baufirma Schütt hervor, die Boysen und Eissing übernommen und aufgeteilt haben. In der Woba kommen sie seit 2006 wieder zusammen. Seit 2006 ist die Woba eine Tochter von Bauunternehmen. Boysen Das Zusammenspiel einer kleinen Einheit bestehend aus Projektleiter Ralph Sörnsen, einem Bauleiter und einer Sekretärin mit der geballten Kompetenz und Manpower zweier Handwerksfirmen mit zusammen rund 200 Mitarbeitern hat sich als erfolgreich und zukunftsträchtig erwiesen. „Mit unseren flachen Hierarchien können wir schneller, effektiver und kostengünstiger planen und bauen als ein großer Konzern", beschreibt es Ralph Sörnsen.

Kurz vor der Fertigstellung steht jetzt das Projekt Tulipanhöfe in Rendsburg mit 56 Wohneinheiten. Im Bau befinden sich derzeit 34 Wohneinheiten in dem Komplex ,,Vier Linden" in Jübek.

Viel beachtet wurde und wird ein erneut sehr großes und ambitioniertes Vorhaben in Schleswig. Hier hat die Woba das Gelände der früheren Kinder- und Jugendpsychiatrie Hesterberg in zentraler Lage der Kreisstadt erworben. Wie schon zuvor in Flensburg sind auch hier knapp 200 Wohneinheiten geplant. Das Besondere: Zwei Bestandsgebäude bleiben erhalten, werden saniert, modernisiert und in Wohnungen aufgeteilt. Dies soll im kommenden Jahr der erste Schritt der Umsetzung sein, wenn die Ratsversammlung Ende diesen Jahres den entsprechenden Bebauungsplan als Satzung beschließt.

Der aus mehreren Teilen bestehende Komplex soll dann Schritt für Schritt gebaut werden. Neben mehrstöckigen Gebäuden für den Geschosswohnungsbau gehören auch einige Doppel- und Reihenhäuser dazu. Einige der Stellplätze werden in Tiefgaragen untergebracht, die meisten jedoch oberirdisch. Hier kommen die Investoren den Wünschen der Stadt nach und errichten deutlich mehr Stellplätze als Wohnungen.

Bisher liege das Projekt im Hesterberg im Zeitplan, sagt Werner Eissing. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass man es in der Umsetzung zeitlich etwas strecken werde. Denn er macht kein Hehl daraus, dass die Rahmenbedingungen für das Bauen derzeit nicht optimal seien. Hierfür nennt er eine Reihe von Gründen. Dazu gehören Material-Engpässe und Lieferschwierigkeiten in Folge der Pandemie und in jüngerer Zeit deutlich gestiegene Energiekosten in Folge des Kriegs in der Ukraine.

Doch Werner Eissing betont, dass völlig unabhängig davon auch der Staat mit immer neuen Auflagen, Gesetzen und Vorschriften das Bauen immer schwieriger und vor allem immer teurer mache. So schätzt er, dass der prozentuale Anteil an den Baukosten für die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) von zehn bis 15 Prozent noch vor einigen Jahren auf jetzt 35 bis 40 Prozent gestiegen sei. Mit immer neuen Vorschriften würde der Staat das Bauen immer teurer machen. So sei ein Einfamilienhaus heute kaum noch unter einer halben Million Euro zu bauen. „Wir würden aber gern auch Häuser und Wohnungen für Normalverdiener bauen", bekräftigen Boysen und Eissing. „Warum kann man nicht auch wieder Schlichtwohnungen bauen, die trotzdem einen gewissen Standard haben?"

Doch damit nicht genug. Eissing sieht sich in seinen Ambitionen bei der Umsetzung der Energiewende von Gesetzen zur Energiewirtschaft ausgebremst und von der Bundesregierung „gegängelt". Er nennt ein Beispiel: Bei dem aktuellen Bauvorhaben an der Feldstraße in Schleswig möchte er eine Luft-Wärme-Pumpe gern mit selbst erzeugtem Strom von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach betreiben. Das darf er aber nicht, sondern muss den Strom für ein geringes Entgelt ins Netz einspeisen und anschließend teuren öffentlichen Strom einkaufen. ,,Sehr unzufrieden" sei man mit diesen Vorschriften, die aus seiner Sicht dringend geändert werden müssen, um die Energiewende voranzutreiben. „Das ist ein riesiges Thema für uns und viele andere Bauherren!" Ein weiteres Problem sei der in vielen Kommunen immer stärker wachsende Anteil geförderter Wohnungen, deren Miete später gedeckelt ist. Diese Wohnungen können nicht kostendeckend gebaut werden, weil für sie der gleiche technische Standard gilt wie für frei finanzierte Wohnungen. Sind es nur zehn Prozent wie bei der Alten Gärtnerei oder beim Hesterberg, kann man mit Verkauf oder Vermietung der anderen Wohnungen die Sozialwohnungen mit finanzieren. Werden jedoch wie jüngst in Heide 40 Prozent im Zuge von zukünftigen Wohnprojekten gefordert werden, sei es nicht mehr finanzierbar. ,,Da sind wir raus", fasst Eissing knapp zusammen.

Raus ist man bei der Alten Gärtnerei indes noch lange nicht. Zwar sei das Verkaufsbüro mittlerweile geschlossen, doch der Kontakt zu den Käufern der Wohnungen bleibt bestehen. „Wir helfen dann auch gern, z.B. bei technischen Nachfragen oder mal beim Weiterverkauf“, erläutert Ralph Sörnsen, „denn wir haben ja noch die Kontakte früherer Subunternehmer, die dort gearbeitet haben, und Interessenten, die damals nicht zum Zuge gekommen sind." Joachim Pohl