Austauschprogramm HWK Flensburg: Warum sich ein Auslandsaufenthalt lohnt

Arthur Lefetz und Quentin Roger von einer Schule aus Le Touquet in Frankreich nutzen die Möglichkeit des Austauschprogrammes und verschaffen sich Einblick in das deutsche Fleischerhandwerk

FOTOS: PRIVAT

Arthur Lefetz und Quentin Roger von einer Schule aus Le Touquet in Frankreich nutzen die Möglichkeit des Programmes und verschaffen sich Einblick in das deutsche Fleischerhandwerk. Bei diesem Austausch handelt es sich um ein Pilotprojekt, welches Baptiste Resse aus Le Touquet und Celine Niehoff (Handwerkskammer Flensburg) gemeinsam entwickelt haben. Azubis des Fleischerhandwerks werden zwischen den Ländern für einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen pro Jahr getauscht. Bereits nach dem ersten Tag äußerte Quentin begeistert seinen Wunsch, im nächsten Jahr für einen längeren Zeitraum wieder zu kommen. ,,Der Unterschied ist, dass in Frankreich das Schlachten nicht zur Ausbildung gehört", erzählt die französische Ausbilderin, welche selbst gelernte Fleischermeisterin ist.

UNTERSCHIEDLICHE AUSBILDUNGSPROFILE

Internationaler Austausch im Fleischerhandwerk: (v.l.) Timon Petersen, Arthur Lefetz, Britta Petersen und Quentin Roger haben sich nach einem Tag bereits gut aufeinander eingespielt.
Internationaler Austausch im Fleischerhandwerk: (v.l.) Timon Petersen, Arthur Lefetz, Britta Petersen und Quentin Roger haben sich nach einem Tag bereits gut aufeinander eingespielt.

Und gerade dieser Bereich hat die beiden Fleischazubis, welche zu Gast in der Bollingstedter Landschlachterei Petersen gewesen sind, besonders fasziniert. Ihr Praktikumsbetrieb zeichnet sich seit vielen Jahren nicht nur durch die hohe Qualität seiner Waren aus, sondern ist auch einer der wenigen, der Halãl schlachtet. ,,In Frankreich ist die Ausbildung in vier Segmente unterteilt. Einen bedeutenden Anteil nimmt dabei der Partyservice, Catering ein. Hier wird unter anderem die Zubereitung von amuse bouche, Pasteten und weiteren Buffetspezialitäten vermittelt. Eine filigrane Art und Weise des sonst eher grob wirkenden Handwerks. Zwar gehört auch in Deutschland das Thema Catering immer mehr in die Hände von Fleischereifachbetrieben, hat aber innerhalb der Ausbildung einen untergeordneten Stellenwert.

In der ersten Woche besuchten beide Franzosen die Flensburger Hannah Arendt Schule, um dort am praktischen Unterricht für Fleischer teilzunehmen. In der zweiten Woche standen Praktika in verschiedenen Betrieben auf dem Programm. Ein Gegenbesuch findet im Mai statt. Mit Ausbildern und Lehrkräften werden verschiedene Schulen in Le Touquet und Umgebung besucht sowie verschiedene französische Fleischerbetriebe, um sich über das Ausbildungssystem, Rezepte und neue pädagogische Ansätze auszutauschen.

NORWEGENS ZIMMERERKUNST GENIESST EINEN GUTEN RUF

Für den aus Brekendorf stammenden Zimmererlehrling Linus Kunze und seinen Freund II Hinz aus Eckernförde, ebenfalls in der Ausbildung zum Zimmerer, ging es im Rahmen des Austauschprogramms nach Norwegen. ,,Auf dieses Programm bin ich bereits in der Schule durch Celina Niehoff von der Handwerkskammer in Flensburg aufmerksam gemacht worden", erzählt Kunze, der als Gymnasiast mit einem Durchschnitt der Schulnote Eins positiv auffiel. ,,Nach dem Abitur habe ich in Kropp bei der Zimmerei Axel Knutzen meine Ausbildung begonnen. Als ich meinen Chef über mein Vorhaben, ein Auslandspraktikum in Norwegen zu machen, angesprochen habe, wurde ich von Anfang an komplett in dieser Idee unterstützt. Die Norweger sind für ihre Zimmererkunst bekannt und schätzen die Deutsche ebenso sehr."

Selbstverständlich ist diese Reaktion nicht. Gibt es doch in dem Betrieb aus Kropp genug zu tun. ,,Mein Rat an jeden, welcher an dem Austausch teilnehmen möchte, ist, sich eine Phase herauszusuchen, in der viel theoretischer Unterricht in der Schule stattfindet. So entfallen lange Fehlzeiten in den Firmen. Denn das Gehalt wird in der Abwesenheit weitergezahlt." Für den Zeitraum vom 27. Januar bis 25. Februar organisierten sich die beiden junge Männer eine Unterbringung und die Logistik an ihrem norwegischen Arbeitsplatz. Eine Sprachbarriere gab es nicht. „Überwiegend wurde Englisch gesprochen. Und ins Norwegisch können wir Schleswig-Holsteiner uns schnell reinhören“, resümiert der Brekendorfer Azubi. ,,In meiner Firma waren 70 Festangestellte. Der Unterschied zu unseren Baustellen hier war für mich, dass wir von zuhause aus in Alltagskleidung zur Baustelle gefahren sind und dort einen Gemeinschaftscontainer hatten. Dieser diente als Aufenthaltsraum, Umkleide und Büro vor Ort. Wert wurde immer auf eine gemeinsame Pause gelegt, in der sich alle in dem Container trafen."

LEBENS- UND BERUFSERFAHRUNG DURCH AUSLANDSPRAKTIKUM

Eine großartige Zeit hatte Linus Kunze mit seinen norwegischen Kollegen.
Eine großartige Zeit hatte Linus Kunze mit seinen norwegischen Kollegen.

Ein gravierender Unterschied war für Linus auch, dass seine Arbeit überwiegend auf den Trockenausbau fokussiert war. ,,Wir haben um 8 Uhr auf der Baustelle begonnen und bis 15 Uhr gearbeitet. Das sind deutlich entspanntere Zeiten als hierzulande“, merkt der angehende Zimmerergeselle an. „Ich habe neue Herangehensweisen an den Umgang mit Gips im Ausbau gelernt. Meinen norwegischen Kollegen konnte ich hingegen ressourcenschonenden, nachhaltigen Umgang mit Materialien und Werkzeugen vermitteln. Auch in puncto Müllvermeidung sind die Norweger nicht so aufgeklärt wie wir Deutschen."

Ein deutliches ,,Ja“ entgegnet Linus auf die Frage, ob ein solches Praktikum empfehlenswert sei. ,,Allerdings würde ich empfehlen, immer zu Zweit zu reisen. Sofern es möglich ist. Es erleichert doch vieles und gibt Halt." // Silke Kurtz