Roboter ,,Bella" spricht, singt und serviert

High-Tech für Restaurants

Ruwen Prochnow mit seiner „Bella". Am Unternehmenssitz in Schacht-Audorf hat er extra einen kleinen Vorführbereich eingerichtet, in dem der Roboter sein Können zeigen kann. FOTOS: ALJOSCHA LEPTIN

Die Firma „Eventfittery" aus Schacht-Audorf ist in eine Marktlücke vorgestoßen. Sie liefert Service-Roboter an Gastronomen in ganz Deutschland. Die Roboter können Servicemitarbeiter unterstützen - und in bestimmten Fällen sogar komplett ersetzen.

n der Mittagspause mal eben etwas im Restaurant essen. Die Pause ist kurz, es muss schnell gehen. Doch es ist einfach kein Kellner zu erwischen, die kostbare Zeit verrinnt. In einigen Restaurants gibt es bereits eine innovative Alternative für Gäste, die es besonders eilig haben. Sie können einen QR-Code auf dem Tisch scannen und mit dem Handy ihre Mahlzeit bestellen. Kurz darauf fährt ein Roboter vor und liefert Speisen und Getränke.

Die Gastronomie zählt zu den Branchen mit dem größten Mangel an Personal. Viele Betriebe suchen händeringend Mitarbeiter. Ein Ansprechpartner für sie ist Ruwen Prochnow: Der Inhaber der Schacht-Audorfer Firma „Eventfittery" füllt eine Marktlücke. Er verkauft die Gastro-Roboter, die Mitarbeiter in Restaurants entlasten und in manchen Fällen sogar ganz ersetzen können.

ROBOTER WERDEN IN CHINA PRODUZIERT

,,Eventfittery" ist einer von deutschlandweit nur sieben sogenannten Distributionspartnern der Firma ,,Pudu", die die Roboter in China herstellt. Prochnow hat Kunden in ganz Deutschland, der südlichste befindet sich in Stuttgart. Seit diesem Jahr läuft der Vertrag zwischen dem Unternehmen aus Schacht-Audorf und seinem chinesischen Partner. Bisher hat Prochnow etwa 30 Exemplare des Roboters ,,Bella" an Kunden ausgeliefert. Der Service-Roboter kann Restaurantgästen Getränke und Gerichte an den Tisch bringen und benutztes Geschirr zurück in die Küche transportieren. Per Touchscreen-Eingabe oder Sprachsteuerung schicken Mitarbeiter den Roboter zu bestimmten Tischen. ,,Bella" ist dabei sogar kommunikativ. Sie spricht mit den Gästen und singt sogar ein Geburtstagslied.

Das hat seinen Preis: Bei Ruwen Prochnow kostet ein Exemplar 16.200 Euro. Eine große Investition - daher bietet das Unternehmen seinen Kunden an, das Gerät gegen eine kleine Gebühr zunächst unverbindlich zu testen.

Wenn man ,,Bella" an den Ohren streichelt, macht sie ein glückliches Gesicht und bedankt sich. Ruwen Prochnow demonstriert es.
Wenn man ,,Bella" an den Ohren streichelt, macht sie ein glückliches Gesicht und bedankt sich. Ruwen Prochnow demonstriert es.

„BELLA" ERKUNDET UMGEBUNG MIT KAMERAS UND LASER

,,Bella arbeitet 24 Stunden durch und kann bis zu 40 Kilo tragen. Das macht kein Mensch mit", so Prochnow. Der Roboter hat ein Eigengewicht von 65 Kilo. Wird die maximale Geschwindigkeit eingestellt, rollt er mit gut 4,3 Kilometern pro Stunde durch das Restaurant. Wie wird gewährleistet, dass ,,Bella" nicht mit einem Gast zusammenstößt? Der Roboter erkundet seine Umgebung mit Kameras und einem Laser. Läuft jemand in den Weg, hält „Bella“ an oder umkurvt das Hindernis.

,,Bella" kann in einem Restaurant zwei verschiedene Rollen einnehmen. Entweder sie unterstützt nur den Kellner und erspart ihm lediglich das Schleppen. In diesem Fall wird der Kunde weiterhin vom menschlichen Personal bedient. „Bella“ kann den Kellner aber auch komplett ersetzen. In diesem Fall entsteht eine Art Selbstbedienungsrestaurant, in dem der Kunde per QR-Code bestellt und sich seine Speisen und Getränke selbst vom KI-Servierwagen nimmt. Dieses Modell ist beispielsweise für Fast-Food-Restaurants interessant.

AUCH SCHNELLRESTAURANTS HABEN INTERESSE AN DEN ROBOTERN

Aktuell ist Prochnow in Verhandlungen mit amerikanischen Burgerketten. Details will er nicht nennen. Doch klar ist: Kommen diese Deals zustande, machen die Roboter ganz schnell den Hauptteil seines Umsatzes aus. Noch ist das nicht so. ,,Bella" ist bei ,,Eventfittery" nämlich nur ein Teil eines riesigen Angebots, das von Geschirr über Fritteusen bis hin zu Tischdecken unzählige Artikel für den Gastro-Bereich enthält.

Derzeit gehe es in den Restaurants darum, Akzeptanz für die Roboter-Helfer zu schaffen. ,,Daher versuchen wir, die Roboter niedlich zu machen. Um die Hemmschwelle zu reduzieren“, erklärt der Geschäftsmann. „Bella" ist daher einer Katze nachempfunden. Oben neben dem Display hat sie zwei Ohren, auf dem Monitor selbst ist das Gesicht der Katze zu sehen. Streichelt man ihr über die Ohren, miaut sie glücklich und bedankt sich.  Aljoscha Leptin

INFO

Aktuell sind in Prochnows Firma zehn Mitarbeiter beschäftigt. Schon jetzt komme man mit der Arbeit kaum mehr hinterher. „Eventfittery" sucht daher dringend neues Personal. Aktuell laufen zudem Überlegungen, das Roboter-Sortiment zu erweitern und mit weiteren Herstellern zu kooperieren. Derzeit gibt es bei dem Schacht-Audorfer Unternehmen ausschließlich Roboter von „Pudu": Das Vorzeigeprodukt „Bella" sowie ein kleinerer Servier-Roboter, „Ketty Bot".

INFO

Zu den Kunden von Prochnow gehören nicht nur Restaurants. Auch auf dem Flughafen „BER" fahren „Bellas" herum, die von „Eventfittery" vermittelt wurden. Aktuell ist der Roboter-Einsatz auf dem Flughafen aber nur ein Testballon. Die „BER"-Verantwortlichen prüfen, ob alle Flughafen-Restaurants auf „Bella" setzen sollen, erklärt Prochnow. Zudem könnten Roboter Kunden, die nicht wissen, wo sie hin müssen, langfristig auch den Weg zum richtigen Gate weisen.