Innung für Elektro, Sanitär- und Heizungstechnik: Neue Wege gehen

Energiewende - was bedeutet sie für Immobilienbesitzer? - Der Obermeister der Innung Elektro-, Sanitär- und Heizungstechnik (SHK) in Eiderstedt Frank Boller erzählt im Interview

Unscheinbar, aber wirkungsvoll: Wärmepumpen werden auf den norddeutschen Grundstücken bald noch häufiger zu sehen sein. FOTOS: SILKE KURTZ

Herr Boller, Lieferschwierigkeiten, Material- und Fachkräftemangel sind Sorgen, mit denen nicht nur unsere Wirtschaft zu kämpfen hat. Wie groß ist denn die Bereitschaft der Bevölkerung, einen neuen Weg einzuschlagen und dabei nicht nur den Geldbeutel im Blick zu haben? 
Es sind noch nicht alle bereit, ihre konventionellen Heizsysteme zu tauschen und halten gerne noch an Bewährtem fest. Die Politik hat jetzt aber einen festen Rahmen gesetzt und mit Januar 2024 ganz klar festgezogen, dass ab diesem Zeitpunkt 65 Prozent erneuerbare Energien in neuen Heizsystemen verbaut werden müssen. Dies ist natürlich ein großer Einschnitt für die Bevölkerung. Zeitgleich wird es zudem schwer, durch Lieferprobleme, Materialverknappung und die extrem gestiegenen Produktionskosten die bereits angekündigten Vorgaben überhaupt zu erfüllen.

Welche weiteren Fallstricke liegen für Immobilienbesitzer aus?
Faktisch ist es derzeit gar nicht möglich, die bereits bestellten Wärmepumpen unter einem Zeitraum von circa zwölf Monaten zu beschaffen. Viele Lagerbestände nationaler Anbieter sind bereits auf ein Minimum reduziert oder komplett aufgebraucht, und wann die nächsten Lieferungen kommen wird von Seiten der Zulieferer sowie Hersteller offen gelassen. Dies führt zu einem zunehmend unplanbaren betrieblichen Alltag.

Dabei ist die Technologie an sich ja nicht neu.
Ja, bereits vor über 20 Jahren haben erste nationale Hersteller ihre Wärmepumpensysteme auf den Markt gebracht, wobei der skandinavische Markt durchgängig auch in den 80er Jahren durchaus aktiv war. Favorisiert wurde damals die Installation von Flächenkollektoren. Tiefenbohrungen für die Installation von Sole-Wasser-Wärmepumpen haben eher Seltenheitscharakter. Vor gut eineinhalb Jahren gab es jedoch einen richtigen Run auf die Technologien von Kunden, die sich mit Nachhaltigkeit und ökologisch sinnvollen Systemen auseinandergesetzt haben. Die Luft-Wasser-Wärmepumpe wurde immer effizienter und stieg dadurch sehr stark auf der Beliebtheitsskala.

„Faktisch ist es derzeit auch gar nicht möglich, die bereits bestellten Wärmepumpen unter einem Zeitraum von circa zwölf Monaten zu beschaffen.“
FRANK BOLLER, EXPERTE AUF DEM GEBIET HEIZUNGS- & SANITÄRTECHNIK





Und wie ist die Nachfrage heute?
Momentan ist die Nachfrage im Bereich der Wärmepumpentechnologie etwas verhaltener, da viele Kunden noch vermehrt die letzte Chance nutzen, um konventionelle Brennwerttechnik zu verbauen.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, wie wird sich die Lage Ihrer Meinung nach entwickeln?
Ich denke, dass sich die Situation in den nächsten Monaten wieder etwas regulieren wird. Mit dem asiatischen Markt gibt es einen Lichtpunkt am Horizont. Er stellt sich breit auf und setzt auf Komplettlösungen und schnelle Lieferzeiten. Somit entfällt die Schwierigkeit, dass einzelne Komponenten nicht lieferbar sind.

Von der Bestellung, über die Anlieferung, bis hin zum Einbau sind Hürden zu meistern. Welche ist denn die höchste im Moment?
Bis die Wärmepumpe endlich ihre Aufgabe erfüllen kann, braucht es noch den Faktor Mensch. Nämlich die Fachkraft, die die Installation übernimmt und das System zum Laufen bringt und hier haben wir das wohl größte Problem. Ohne die Experten des SHK-Handwerks ist die Energiewende nicht realisierbar. Das Berufsbild hat sich sehr gewandelt und die Anforderungen an Fachkräfte sind um ein Vielfaches größer geworden. Die Aufgaben werden immer umfangreicher und zunehmend digitaler. Waren es früher Brennwertthermen oder Ölkessel, die gewartet werden mussten, so werden heute komplexe Anlagentechniken wie Hybridtechnologie auch in Verbindung mit Photovoltaik verbaut und gewartet.

Und was möchten Sie als Obermeister weitergeben?
Für uns alle gilt: Nicht zurückblicken, sondern die Komfortzone verlassen, innovativ sein und gemeinsam den eingeschlagenen Weg weitergehen. Wir sind alle eingeladen, das gemeinsame Ziel zu verfolgen. Schleswig-Holstein ist mit der Stromerzeugung durch Windenergie ganz weit vorne. Davon sollten wir alle hier profitieren und günstiger Strom beziehen, als in anderen Bundesländern. Sicherlich würden dann noch mehr Menschen den Weg zur Wärmepumpe und ähnlichen Lösungen finden.