Karriere als Faustballer- und Biobauer

Renke Söth, der vielseitige Mann aus Ohrstedt: Schon Goethe liebte seinen Sport

Entspannt und doch voller Tatkraft: Renke Söth ist ein Ohrstedter Urgestein. Foto: Arndt Prenzel

Amt Viöl
Amt Viöl

Wenn man gesteht, Faustballer zu sein, „hat man viel zu erklären“, lächelt Renke Söth. Komisch, eigentlich. Denn Faustball ist eine der ältesten Sportarten der Welt. Schon Goethe schrieb: „Vier edle Veroneser schlugen Ball gegen vier Vicentiner. Sie treiben dies sonst unter sich das ganze Jahr etwa zwei Stunden vor Nacht!"

So ähnlich hat es Renke Söth getrieben. In einem Gespräch mit der „tageszeitung" erläutert er vor genau 25 Jahren seine sportliche Situation. Und die war für den damals 27-Jährigen nicht schlecht. Er gilt als einer der besten Faustballer Deutschlands, steht nach diversen Erfolgen als Deutscher Meister und Juniorennationalspieler kurz vor dem Sprung ins Nationaltrikot. Gut dotierte Angebote aus der Schweiz stehen im Raum. Doch der Philosophiestudent mit dem struppigen Pferdeschwanz ist heimatverbunden, ist ,,der" Schlagmann und damit der wichtigste Spieler des SZ Ohrstedt.

Fünf seiner sechs Mitspieler hießen Hansen

Doch Faustball ist nicht alles. ,,Außerdem kam die eine oder andere Feier dazwischen. Ich war vielleicht nicht so fokussiert, wie man heute sagt“, grinst Renke Söth. Die Zeiten haben sich geändert: Ohrstedt war damals der „Nabel des Faustballs" im Norden. ,,Hier kam man, so will es die Legende, bereits als Faustballer zur Welt!"

Es liest sich im Nachhinein kurios, wie bei ,,Büttenwarder": ,,Fünf seiner sechs Mitspieler heißen Hansen“, analysierte die „tageszeitung". 1993 sind die fünf Hansens und ihre zwei Mitspieler in die erste Bundesliga aufgestiegen. In der Nordstaffel der zweigleisigen Bundesliga spielten neben den Ohrstedtern die besten deutschen Teams. Zeitzeuge Christian Jacobsen berichtet, wie es damals war: ,,Ein Kampf auf Biegen und Brechen. In der Halle konnte jedoch der Abstieg nicht vermieden werden."

In der Freiluftsaison war das anders, da war in Ohrstedt richtig was los: Auf dem 1.000 Quadratmetern war echte Maloche gefragt. ,,Das konnten wir. Und unsere Liga war ,,die beste der Welt", so Renke Söth noch heute. Die Zeit des Faustballs ist längst Geschichte.

Renke Söth ist aus der Hoch-Zeit der 90er eine bekannte Größe

Turniersieg mit Hannover anno 2009: Da war Renke Söth schon 39 Jahre alt. Später legte ihn ein Bandscheibenvorfall lahm. Foto: Söth
Turniersieg mit Hannover anno 2009: Da war Renke Söth schon 39 Jahre alt. Später legte ihn ein Bandscheibenvorfall lahm. Foto: Söth

Auch die erfolgreichsten Mannschaften haben Nachwuchsprobleme. Denn Faustball ist trotz italienischen Ursprungs untrennbar mit deutscher Traditionspflege verbunden. Davon ist nicht mehr viel übrig. Vor 30 Jahren gab es bundesweit noch 4.000 Mannschaften, heute sind es weniger als die Hälfte. Auch die Mitgliederzahl ist von 41.000 aktiven Faustballern im Jahr 1995 auf aktuell rund 28.000 gesunken. Renke Söth ist aus dieser Hoch-Zeit der 90er eine bekannte Größe. Er war Nationaltrainer von Dänemark, spielte um den Weltpokal in Brasilien. Heute spielt er Tischtennis, seine andere große Leidenschaft. In seiner Jugend hatte sein Vater es für ihn entschieden, dass er Faustballer wird. Als Tischtennisspieler hatte er noch kürzlich die Ehre, noch mit seinem unlängst verstorbenen Entdecker Konrektor Otto Hadenfeldt, der vor zehn Jahren deutscher Vizemeister im Behinderten-Sport der Klasse Ü 70 war, zusammenzuspielen.

Aktuell trainiert Renke Söth den Nachwuchs an der Grundschule, ist in der ersten Mannschaft der Ohrstedter. ,,Tischtennis geht in jedem Alter“, lobt er den Sport. Und sonst? Der ältere Bruder Gunnar Söth bewirtschaftet den Hof der Eltern, Renke wohnt nebenan und vermarktet die Produkte. „Söths Bio-Kiste" wird bis an die dänische Grenze ausgefahren. Gunnar Söth studierte ökologische Landwirtschaft und stellte den Betrieb 1989 darauf um. „Anfangs wurden wir deswegen belächelt. Keiner konnte sich vorstellen, dass das gutgehen würde und wir unsere Produkte loswerden", sagt Renke Söth. Doch die beiden glaubten daran und kämpften sich durch.

Mit 20 Kunden fing alles an

Mit 20 Kunden fing alles an. Gunnar Söth fuhr zusätzlich auf die Wochenmärkte nach Hamburg und verkaufte dort das selbst angebaute Biogemüse und -obst, vorrangig Kartoffeln, Äpfel, Möhren, Rote Beete und Erdbeeren. Renke Söth hatte Ideen für ein „kleines Geschenk“. So legt er jeder Bestellung mindestens drei verschiedene Rezept-Ideen in die Biokiste. ,,Jeder freut sich über kreative Kochanregungen. Als Vegetarier vermittele ich fleischlose Alternative." Einmal legte er der Bestellung für Mangold ein Rezept über Rhabarbermarmelade dazu. „Die Kundin rief natürlich ziemlich sauer an und sagte, dass die Marmelade extrem bitter geschmeckt habe."

Renke Söth nimmt es wie alles im Leben sportlich: „So ist die weltweit erste Mangoldmarmelade entstanden.“ In Coronazeiten blühte das Geschäft richtig auf. Das soll so bleiben. Denn der Ehrgeiz ist da, ob im Betrieb oder beim Sport. Renke Söth ist und bleibt ein echter Schlagmann. Arndt Prenzel